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Das Virus

Als hätte er die Spürnase eines Propheten, scheint Hugo Bonatti schon vor längerer Zeit im Geist jene Gefahr vor Augen gehabt zu haben, die uns nun alle betrifft.

Sein Text „Das Virus“ spiegelt literarisch perfekt das wider, was die Welt im Corona- oder Covid-Zeitalter bewegt.

Die offizielle Version ist auf einer Seite des PEN-Club Österreich nachzulesen. Die Originalversion ist für Interessierte auf dieser Seite zu finden:

Das Virus

Ich hatte – rein zufällig, von dieser Sache gehört, besser über sie gelesen, in einer popularwissenschaftlichen Zeitschrift. Von einer neuartigen Mikrobe, einem, wie es hieß, ‚Phagen’ (sogen. Freßzelle), war die Rede und von ihrer geradezu mit ‚Lichtgeschwindigkeit’ erfolgenden Vermehrung… Woher die Zelle ge-kommen sei, wie sie eingeschleppt worden wäre bzw. welche Mutationen zu ihrer Existenz geführt hätten: unbekannt! Es müsse etwas sein, was sie radikal verändert hat, sodaß die Frage berechtigt sei, ob es sich überhaupt um etwas handle, auf das die Bezeichnung ‚Virus’ zutreffe, wohl aber die Apostrophierung als regelrechtes ‚Freßungeheuer’ rechtfertige. Für die Mikrobe gelten auch, hieß es weiter, nicht die üblichen Mikromaße, vielmehr sind in ihr Elemente  u n t e r  Nano-Bereichen zusammengepfercht – vergleichbar den Köpfen von Samenzellen, in welchen ebenso, dichtest gepackt, die Chromosomen ineinander geschachtelt sind, und doch seien sie, die Samenzellen, gegen die angesprochene Mikrobe geradezu Riesen zu nennen. Es scheine praktisch aussichtslos, sie in den Griff zu bekommen. Alles, was bisher an antiseptischen Stoffen, an Neutralisatoren, an Mitteln, die in anders gelagerten Fällen spontan ein Sich-zu-Tode-Wachsen zur Folge hätten, eingesetzt worden sei, wäre wirkungslos geblieben, ja, hätte im Gegenteil eine Wachstumsbeschleunigung provoziert. Man stehe vor einem gewaltigen Rätsel! Noch scheine das Virus zwar nicht die Oberhand gewonnen zu haben; aber es wäre – Aussage bedeutender Virologen – nur eine Frage der Zeit, bis es sozusagen ‚explodierte’; die Folgen für die Menschheit, nein, die gesamte organische Welt, schlechthin verheerend. Dieser Mikroorganismus mache nämlich vor nichts Halt! Schon gäbe es Hinweise darauf, dass selbst die anorganische Natur dessen Aggression ausgesetzt wäre. Man hätte es mit einem Phänomen zu tun, dessen ausschließliche Funktion Zerstörung und nochmals Zerstörung ist, bis es sogar  a n  s i c h  zugrunde ginge. Es scheine, daß diese ‚Nano-Mikrobe’ auf Vernichtung von allem und jedem und eben auch von sich selbst programmiert, mit einer Art terroristischem Programm (durch Einschleusung von Killerverbindungen) versehen sei. Ja, es soll beobachtet worden sein, dass sie ‚im Verband’ eine Art Vernichtungsbewußtsein zeige, welches sich mit jeder weiteren Zelle ins Uferlose verstärkt.

Bleibt die Frage: Wer oder was, welche anonyme Macht hätte Interesse an dem allen und dazu das nötige nano-technische Wissen, ein derartiges Monster zu züchten und so zu programmieren, daß regelrechte ‚Auflösung ins Nichts’ die Folge ist? Oder lebt sie, diese Mikrobe, letztlich  i n   u n s   s e l b s t .  Ja,  vielleicht sind wir tatsächlich nichts anderes als sie?! – Seltsame Assoziation, ich weiß; aber das eben ist’s: es verfließt mir alles! Äußeres wird in das Innere projiziert, Inneres in das Außen…, Materie wird zu Geistigem und Geistiges zu Stoff… Da sind keine Unterschiede mehr – jedoch nur, um im Endeffekt ein völlig Neues, ein absolut Einheitliches zu bilden, um sich schließlich dem Göttlichen einzuverleiben…

Verrückt, verrückt, sag’ ich – im wahrsten  Sinn des Wortes: verrückt! Wie soll da einer, wie soll ich bei solcher Verrücktheit der Gedankengänge zu dieser Un-Geschichte einen brauchbaren  S c h l u ß  finden?

Hugo J. Bonatti 2010

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